Jörg Löhr – mit Laufleidenschaft
zur „WMM Finisher Medal“
Jörg Löhr bewältigt die 6 Marathon Majors
Heute stellen wir euch einen Mann vor, der für viele Läufer sowohl Vorbild als auch Inspiration ist. Die Rede ist von Jörg Löhr, der mit dem Tokio-Marathon diesen Februar als einer von wenigen Deutschen alle 6 Marathon Majors bewältigt hat.
Zwischen Training, Familie und Arbeit findet Jörg Löhr sogar noch Zeit Erlebnisse sowie Erfahrungen rund um seine Leidenschaft auf seinem Blog “der Laufgedanke” (http://der-laufgedanke.blogspot.de/) mit anderen Laufbegeisterten zu teilen.
Zeitgleich mit unserer Interview-Anfrage traf bei ihm auch endlich die lang erwartete WMM Finisher Medal ein – beste Vorraussetzungen also, dem Familienvater aus dem Rhein-Sieg-Kreis einige Fragen zu seiner bemerkenswerten Leistung zu stellen.
Interview mit Jörg Löhr
Luisa
Jörg Löhr
Als ein besonderer Höhepunkt wollte ich 2010 einen Marathon in den USA laufen. Doch hier stand ich vor einer sehr schwierigen Auswahl. Da es ein Highlight werden sollte, standen für mich New York & Boston im Fokus. „Boston – der traditionellste Marathon nach Athen“ oder „Einmal quer durch Big Apple laufen“
Die Faszination für die Stadt, „die niemals schläft“ brachte mich am Ende nach New York!
Angefangen hatte alles während der Schulzeit. In der neunten Klasse wurde der Langstreckenlauf in den Sportunterricht einbezogen und relativ schnell bemerkte ich, dass ich in dieser Disziplin leistungsfähiger als viele andere war! Die Langlaufszene war damals zwar noch keine Massenbewegung, aber die Stories über Marathonläufe in Boston, New York, Berlin & Frankfurt entfachten bei mir eine Faszination!
Damals und heute ist das Laufen für mich aber auch Zeit für Entspannung und Kreativität! An manchen Tagen ziehe ich meine Runden und kann den Stress des Tages sehr gut abbauen und den Kopf völlig frei bekommen, weil ich perfekt abschalten kann und in einen „Rhytmus“ gelange, bei welchem das Laufen fast schon automatisch ohne „Nachdenken“ abläuft.
An anderen Tagen laufe ich „denkend & planend“ meine Strecken und habe die tollsten Einfälle für Problemlösungen, Präsentationen oder andere Herausforderungen.
Zweimal ein dumpfer Knall! Wie Kanonenschläge. Ich war seit 20 Minuten im Ziel und genoss die einmalige Atmosphäre. Da ich die Straße hinter der Zielgerade gerade kurz verlassen hatte, um wenige Meter in der Seitenstraße mein Läufergepäck abzuholen, hatte ich keinen direkten Blick mehr zurück zur Ziellinie. Einen kurzen Moment dachte ich, dass wohl nichts schlimmes passiert war. Ein Läufer unserer Reisegruppe kam am „Gepäckwagen“ an und berichtete von einer riesigen Rauchwolke. Er war sich sicher, dass die Ursache eine Explosion gewesen war. Zu meiner weiteren Beunruhigung, war er der Meinung, dass die Explosion am Anfang der Zielgeraden auf der Boylston Street stattgefunden hätte. Dort hatte mich kurz vor dem Ziel meine Partnerin noch angefeuert! Ohne langes Umziehen packte ich meine Sachen und ging zügig zur sogenannten „Family-Meeting Zone“. Dabei überquerte ich ca. 3 Minuten nach den Explosionen die Kreuzung hinter der Zielgeraden! Das Ziel lag 300-400m weit weg in „gespenstiger Ruhe“. Zügig suchte ich den Weg zum Treffpunkt! Immer häufiger fiel mir die Unruhe bei den Verantwortlichen, mit ihren Funkgeräten am Ohr, auf. Das zunehmende Sirenengeheul aus der Ferne und die verängstigte Gesichter beunruhigen mich immer. Am Treffpunkt angelangt nahm ich meine Partnerin glücklich, dass ihr nichts passiert war, in den Arm. Es waren ca. 20 Minuten vergangen und wir standen parallel zur Ziellinie nur 2 Blocks weiter und waren ahnungslos! Zügig gingen wir in unser Hotel, ganz in der Nähe des Zielbereichs. In der Hotellobby erfuhren wir die schreckliche Wahrheit. Im Laufe des Nachmittags wurden immer neue Gerüchte laut und das ständige patrouillieren der schwerbewaffneten SWAT-Einheiten mit Sprengstoffspürhunden in der Lobby beunruhigte alle. Bis zum Abend war unser Hotel (mitten im Sperrgebiet) zu einem Hochsicherheitstrakt geworden! Vor dem Haupteingang standen gepanzerte Fahrzeuge sowie bewaffnete Sicherheitskräfte der SWAT-Einheiten.
Ich kann nicht sagen, dass mich dieses Ereignis geprägt hat, aber ich habe oft darüber nachgedacht, dass ich an beiden Bomben nahe vorbeigelaufen bin und das ich und meine Partnerin an diesem Tag großes Glück hatten!
Definitiv ja! Im Ziel war es ein einmaliger Moment! Im Zielbereich war die Anstrengung sofort vergessen, denn man hat den Eindruck, dass in Japan jeder – aber wirklich jeder einem gratuliert! Der Höhepunkt stand aber noch bevor. Als man die Halle mit den Kleiderbeuteln betrat, war man zu Tränen gerührt, denn all die vielen Helfer applaudieren enthusiastisch! Unvorstellbar! Mit einer höflichen Verbeugung und Gratulation bekam ich meinen Kleiderbeutel überreicht! Die 9te WMM-Serie endete in Tokyo und aus diesem Grund waren die meisten Renndirektoren der anderen Marathons vor Ort um Gesamtsieger- und siegerin der Tour zu ehren! Das war natürlich für uns „Amateure“, die hier den 6ten WMM, abgeschlossen hatten ein Riesenereignis! Einer Tradition folgend wurden, nach den offiziellen Siegerehrungen, die nicht professionellen Läufer geehrt, welche vor Ort ihren 6ten Marathon Major abgeschlossen hatten! 75 Läufer aus 25 Ländern durften gemeinsam mit allen Renndirektoren zum Gruppenfoto auftreten.
Ich liebe beides! Neben einem jährlichen Marathon-Event interessierte ich mich für die vielen kleineren Laufveranstaltungen in meiner Umgebung. Dies trifft auch für die einsame und gemütliche Runde in Wald und Flur an der Sieg zu. Im Siegtal findet man viele landschaftlich reizvolle Strecken.
Bei allen Reisen zu den Marathons weltweit, habe ich immer die Gelegenheit genutzt „Land und Leute“ kennenzulernen. Eine lange Anreise für ein einziges kurzes Ereignis wäre viel zu schade. So reise ich nach dem Motto meiner bevorzugten Laufreiseagentur „Laufend die Welt erleben!“ Es ist schon ein tolles Gefühl, wenn Großstädte wie New-York, London, Chicago, Boston, Tokyo oder Berlin für einen Tag großteilig gesperrt werden, um uns Läufern die Straßen zu überlassen.
Marathon ist etwas wunderbares. Es gehört jedoch eine ausreichende Vorbereitung dazu! Vor Allem steht der Besuch beim Arzt um gesundheitliche Risiken auszuschließen. Der Marathonlauf gibt einem für die vielen Trainingsstunden dann vieles zurück!
„Running teaches us to keep moving forward one step at a time,
especially in the most painful moments“
„Laufen lehrt uns, vorwärts zu kommen, einen Schritt nach dem Anderen!
Besonders in den schmerzhaftesten Augenblicke!“